Teil 2: Die Läden vor dem Schindlerhof
„Le Kilt“, unsere kleine feine Club-Disco.
In meiner Zeit in London im Jahr 1968 verdiente ich ganze „ten pounds clear a week,“ wohnte aber umsonst in einem Hotelzimmer mit Dachterrasse und Blick auf den Trafalgar Square. (heute unbezahlbar) Gratis verpflegt wurde ich obendrein.
Der Wochenlohn wurde jede Samstagnacht in meinem Lieblingsclub für ein paar Drinks verprasst.
Noch heute würde ich den Weg dorthin ab der Tube Station „Tottenham-Court-Road“ mit verbundenen Augen finden:
“Le Kilt” – 60, Greek Street in Soho.
Und schon hatte ich 1973 Namen und Konzept für mein zweites Start-up!
Eine lange Bar in Mahagoni mit viel Messing, dazu 50 lässige Sitzplätze im „Old English Style“ und eine dunkelgrün hochglanz-lackierte Eingangstür, die nur nach Klingeln und Begutachtung durch ein Guckfenster öffnete.
Eine überdimensionierte Musikanlage mit Mischpult, zwei robusten Thorens Plattentellern, mannshohen Lautsprechern von Klipsch und JB-Lansing aus den USA. Und für die ersten zwei noch ruhigen Abendstunden die größte Teac Tonbandmaschine.
Jetzt war das Alleinstellungs-Merkmal die Musik:
Regelmäßig fuhr ich nach Paris und kaufte im „Fnac“ und im „Lido-Musique“ auf den Champs Elysee die angesagtesten Scheiben, die in Deutschland noch gar nicht erhältlich waren.
Das sprach sich schnell herum.
Scotch, Bourbon, Wodka und Gin wurden von den Stammgästen in der Regel flaschenweise bestellt.
Und es gab abschließbare Fächer für die angebrochenen Flaschen, falls es mal für einen Abend zu viel des Guten war…
„Prison St. Michel“ in Erlangen und Nürnberg
Unsere „Crêperie Rennaise“ platzte inzwischen jede Nacht aus allen Nähten und wir konnten bald – ein paar hundert Meter weiter – einen großen Gewölbekeller ausbauen und dorthin umziehen. Jetzt hatten wir schon über 100 Sitzplätze und die Monatsmiete betrug schon DM 3.100,-
Endlich konnten wir wieder unser Speisenangebot ausweiten. Es gab inmitten des Gewölbes einen etwa zwei Quadratmeter großen Holzkohlengrill für Lammkoteletts, Steaks und Hummer. (lebend aus einem Vivier) Rund um den Grill gab es ein Dutzend begehrter Sitzplätze.
Aus einer winzigen Produktionsküche kamen die Beilagen. In den Wintermonaten hatten wir meist noch frische Austern, – Creuses, aus der Bretagne. Natürlich gab es auch weiterhin Gallettes und Crepes, damaliger Teil unserer Marken-Identität.
Vor der Bar standen jeden Abend zwei Holzfässer mit Pils und Dunklem, – damals schon aus der Neumarkter Lammsbräu. Nicht alle Gäste wollten Cidre oder Wein trinken. Wurden die Holzfässer an einem Abend nicht leer, so gab es ab 01.00 h Freibier. Vor allem Studentinnen und Studenten nutzen gerne die Gelegenheit für ein Gratis-Bier.
Wieder ein großer Erfolg, den wir kurz darauf am Fuß der Burg in Nürnbergs Irrerstrasse mit dem genau gleichen Konzept auf zwei Etagen wiederholten. Natürlich in einem denkmal-geschütztes altes Haus, das wir auf eigene Kosten ausbauten.
Die Umsätze lagen vom ersten Tag an um ein Drittel höher als in Erlangen. Wenn wir um 19.00 h die Tür aufsperrten, standen immer schon ein Dutzend Gäste vor der Tür und strömten zu ihren reservierten Tischen Eine halbe Stunde vor Öffnung wurde der Anrufbeantworter abgehört, so dass wir dann – eigentlich immer – für die erste Belegung ausgebucht waren. Es gab jeden Abend zwischen drei und vier Belegungen. So schafften wir um die DM 90.000,- Umsatz pro Monat. Viel Geld bei den damaligen Preisen.
Kon Tiki
Und schon wieder wurde uns ein Objekt angeboten: Zwei alte Fischerhäuser in Nürnberg, direkt an der Pegnitz in der unteren Wörthstraße.
Die Monatsmiete betrug jetzt schon DM 4.300,-
Hier wollten wir ein Konzept, das zum Fluss passt. Es gibt bekanntlich keine Zufälle im Leben. Einer unserer Stammgäste, John Jensen, ein gebürtiger Hawaiianer brachte mich auf die Idee:
ein polynesisches Restaurant mit zwei Bars. Zusammen mit unserem Architekten Detlev Schneider flogen wir zu Dritt nach Honolulu, um einen ganzen Monat lang alles das zu kaufen, was wir dafür brauchten, und was es bei uns nicht zu kaufen gab: Riesige Muschelschalen als Waschbecken, Tapa-Rinde von den Fidschi-Inseln anstelle Tapeten, Tiki-Torches, – große Gasfackeln, die dann bei Dunkelheit Terrasse und Pegnitz beleuchteten, mehrere zweimetergroße Tikis, hölzerne Gottheiten, geschnitzt von den Insassen im State Prison auf Big Island.
Wir flogen mehrmals mit Aloha-Airlines zwischen den Inseln hin und her, bis wir zwei große Übersee Container beieinanderhatten; die halbe Inneneinrichtung!
Wir konnten in Honolulu einen hawaiianischen Koch für uns gewinnen. Als wir ihn gemeinsam mit einer Journalistin von den Nürnberger Nachrichten am Nürnberger Flughafen abholten, hielt er ein Surfbrett unter dem Arm. Er wollte an seinen freien Tagen in Spanien surfen. Amerikaner denken in anderen Entfernungen als wir.
Unterstützt wurde unser Koch noch von zwei hawaiianischen US-GIs, die zu Hause Won Ton (gefüllte Teigtaschen) für uns zubereiteten.
Statt Wein und Bier verkauften wir jetzt fast ausschließlich Cocktails: Mai-Tais, Singapore Slings, Pina-Coladas, Daiquiris und Zombies.
Exotisches Seafood, wie zum Beispiel soft-crabs, oder den lokalen Fisch Mahi-Mahi importierten wir selbst, frisch auf Trockeneis gepackt, mit Hilfe von Quantas Airlines. Dazu hatten wir bei unserer Bank ein revolvierendes Akkreditiv eingerichtet, i.e. die Ware wurde bezahlt, sobald der Flieger abgehoben hatte.
Das Kon-Tiki war unser – bis dahin – größter Erfolg.
Wir verkauften es schon 1981, weil wir seit 1979 wieder etwas Neues „in der Pipeline“ hatten…