Wie alles 1970 begann:
Nach Hotelfachschule in Frankreich und den obligatorischen Praktika in Porto Vecchio/Korsika und in London holte mich die Bundeswehr und ich war erst einmal ausgebremst.
Kurz danach traf ich in Erlangen vier junge Hippies aus Rennes in der Bretagne, die eigentlich mit ihrem alten VW-Bulli nach Indien fahren wollten, aber mit kapitalem Motorschaden in Erlangen, der Partnerstadt von Rennes gestrandet waren.
Gleichzeitig ließ mich ein Schild in Erlangens Hauptstraße 59 im Fenster eines schmalen alten Hauses nicht mehr los: „Zu vermieten!“
Es gelang mir einen Mietvertrag für den langen Hausflur im Erdgeschoß für nur DM 350,- monatlich abzuschließen mit der einseitigen Möglichkeit, in den ersten sechs Monaten jederzeit von heute auf morgen kündigen zu können. Die Geschäftsidee war – dank meiner französischen Freunde – schnell gefunden:
„Crêperie Rennaise“
Ich wollte die Partnerschaft zwischen den beiden Städten mit zunächst vier Stehtischen auf einer Fläche von gerade mal 4 x 4 m sichtbar machen, mit den Spezialitäten aus der Bretagne: Gallettes (aus Buchweizenmehl) mit herzhaften Füllungen, diversen süßen Crêpes, Cidre brut und Eau de vie de Cidre. Viel mehr gab es nicht.
Das Erlanger Tagblatt berichtete ausführlich darüber, da auch der Oberbürgermeister zur Eröffnung vorbeischaut hatte. Wenig später besuchte uns sogar ein französisches TV-Team und es lief von Tag zu Tag besser, so dass ich den Mini Laden mit viel Eigenleistung am Bau und wenig Geld schnell nach hinten auf 30 Sitzplätze vergrößern konnte.
Genau zu diesem Zeitpunkt lernte ich Renate, meine zukünftige Frau kennen, die sofort erkannte, dass da Jemand dringend Hilfe braucht und wir arbeiteten von da an gemeinsam bis heute. Ohne sie hätte ich es nicht geschafft!
Alte Wagenräder, Tischgestelle vom Dorfschmied und darauf Glasplatten ergaben unsere Tische.
Das Speisenangebot wurde erweitert, es gab jetzt auch überbackene Zwiebelsuppen, Muschelsuppen, Weinberg-Schnecken und Froschschenkel in Knoblauchbutter, sowie günstige Landweine aus dem Languedoc in Literflaschen in allen drei Farben.
Der Cidre bouché (mit echtem Kork verschlossen)blieb aber das wichtigste Getränk. Die erste Cidre-Lieferung aus Domagné enthielt nur 1000 Flaschen, ab der zweiten Lieferung bestellten wir jeweils 20 Tonnen. Mit der Bezahlung konnten wir uns zu Anfang Zeit lassen; der Inhaber Loic Raison wurde schnell zu einem guten Freund und besuchte uns noch Jahrzehnte später immer wieder.
Genauso wichtig wie Essen und Trinken wurde jetzt aber die Musik!
Unsere Gäste hörten bei uns Leo Ferré, Georges Brassens, Jacques Brel, Edith Piaf, Barbara und Juliette Greco und wir wurden schnell die Kult-Kneipe für alle Frankophilen und Existenzialisten.
Schnell folgte die Nürnberger Schickeria, was jeden Abend am Straßenrand vor der Tür zu sehen war: MGs, Triumphs, Austin-Healeys, Jaguar E-Types und im Sommer Norton Motorräder. Parkplatzprobleme gab es damals noch nicht.
Fast alle Gäste rauchten damals, – bei uns natürlich vor allem Gauloises und Gitanes. Die Luft war meist zum Schneiden dick; es gab lediglich einen kleinen Ventilator über der Eingangstür.
Künstler kamen nach ihren Auftritten zu uns, Georges Moustaki, André Heller, Elke Sommer und sogar Johannes Hesters.
Und jetzt beschäftigten wir den ersten festangestellten Koch!
Damals gab es noch keine ausufernde Bürokratie: ich vergaß meinen ersten Mitarbeiter ordnungs-gemäß anzumelden; es fiel erst auf, als er zum Arzt ging und erfuhr, dass er nicht versichert sei. Kein Problem! Die freundliche Dame bei der AOK lachte nur und meldete ihn rückwirkend für mich an.
Zum Erlanger Schlossgartenfest hatten wir immer die ganze Nacht geöffnet und selbst nach 4.oo h morgens kamen noch Ballbesucher auf eine Zwiebelsuppe und einen letzten Absacker vorbei.
Sperrzeit, hin oder her.
… die Geschichte geht weiter…. ❤️
#kobjoll #Schindlerhof #Geschichte